5 von vielen verschiedenen Gründen, warum weibliche Führungskräfte sich oft selbst im Weg stehen
In Kürze finden wieder die Prüfungen bei der IHK statt. Als Beisitzerin im Prüfungsausschuss nehme ich gemeinsam mit 2 weiteren Kollegen unter anderem die Lizenz zum Ausbilden ab.
Es geht zunächst mit den angehenden Ausbildern weiter (Ausbildung der Ausbilder IHK). Die Prüflinge führen entweder eine Unterweisung mit einem Azubi durch oder halten eine Präsentation.
Das Schöne bei den AdA-Prüfungen ist die Themenvielfalt: vom Koch über den Elektriker und die Schneiderin bis hin zu IngenieurInnen ist alles dabei und man kann auch als Prüfer sehr viel lernen.
Ich kann mich an viele meiner Prüflinge erinnern. Eine Person allerdings ist mir von allen besonders im Gedächtnis geblieben. Nennen wir sie Hannah. Hannah war zum Prüfungszeitpunkt 49 Jahre alt, künftige Ausbildungsleiterin für eine bekannte Einzelhandelskette, eine starke Frau mit einer taffen Ausstrahlung, die jedoch extrem geschmälert wurde durch den inneren Druck und die Unzufriedenheit, die sie ausstrahlte. Man sagt, die Augen seien der Spiegel der Seele, und das traf auf sie voll und ganz zu.
Nach außen gefasst wirkte sie zunächst sehr unsympathisch, dabei erschöpft und traurig, und ein Blinder konnte sehen, dass sie nicht glücklich war. Sie erinnerte mich an mich in meiner schlimmsten Zeit. Als sie anfangs für ihren (ihr bis dahin unbekannten) Prüflingskollegen den Azubi spielte, wirkte sie nicht viel freundlicher und als ich sie aufmunternd anlächelte, hätte ich glatt tot vom Stuhl fallen können. Eins war klar: Hannah war außerordentlich angespannt und sehr nervös.
Als ihr erster Part – das Azubi-Spiel – zu Ende war, durfte sie pausieren, während wir uns berieten und anschließend ihr Kollege ins Fachgespräch ging. Endlich selbst an der Reihe, wirkte sie noch nervöser, noch unfreundlicher, noch unsympathischer. Sie hielt eine Präsentation ab – und machte das nicht besonders gut. Auch inhaltlich schlitterte sie mehrfach am Thema vorbei und kam nicht auf den Punkt. Sie merkte selbst, dass das nicht ihre Glanzleistung war und wurde im Laufe der Präsentation immer unsicherer und noch angespannter, was ihre Augen noch dunkler machte. Dabei hingen ihre Gesichtszüge tief nach unten. Aber sie kämpfte sich wacker durch die Vorstellung.
Bei der ersten Beratung erzählte eine der beiden Prüfer-Kollegen, dass Hannah auch bei der schriftlichen Prüfung sehr angespannt gewesen sei und man auch hier schon gemerkt habe, dass sie es nicht leicht zu haben scheint. Wir drei Prüfer waren einstimmig der Meinung, dass das Thema ihrer Präsentation sehr wichtig für das Unternehmen war. Sie hatte uns trotz ihrer schlechten Präsentation davon überzeugt, dass sie es richtig gut umsetzen würde – wenn denn die Geschäftsführung zustimmte. Hannah hatte auf uns alle den Eindruck gemacht, dass ihr das Thema und vor allem die Auszubildenden sehr am Herzen lagen.
Nach der Beratung ging ich hinaus, um sie zum Fachgespräch zurückzuholen. Sie saß nervös wippend im Warteraum und lächelte mich das erste Mal halb erleichtert an, um dann gleich wieder in ihre Strenge zurückzufallen – wenigstens nicht mehr ganz so extrem wie vorher. Das Fachgespräch absolvierte sie sehr viel besser als die Präsentation, obwohl sie auch hier noch sehr nervös war. Hin und wieder blitzte ein Lächeln durch und dabei veränderte sich ihr ganzer Ausdruck. In diesen Momenten wirkte sie herzlich und freundlich und wir nahmen ihr ab, dass sie eine gute Praktikerin ist. Auf die Frage, warum sie denn eine Präsentation gewählt habe und keine Unterweisung, in der sie bestimmt top gewesen wäre, antwortete sie mit Nachdruck:
„Das Leben ist nun mal nicht leicht!“
Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch keine Präsentation gehalten und wird es vermutlich so schnell auch nicht wieder müssen. Im Gegenzug dazu gibt sie tagtäglich Unterweisungen und sobald sie davon erzählte, wurde sie wacher, energetischer und leidenschaftlicher – und ihre Gesichtszüge weicher. Dabei lächelte sie auch öfter. Die Präsentation verfasste sie nebenbei in ihrer 70-Stunden-Woche und war ihre persönliche Challenge gewesen, die sie sehr nervös gemacht hatte. Diese unnötige Erschwernis hätte sie beinahe den AdA-Schein gekostet. Denn bestanden hat sie am Ende trotz allem einstimmig, wenn auch knapp.
Mach's Dir leicht
Hannah wollte es mit der Schulung der Ausbildungsbeauftragten im Unternehmen vor allem den Azubis leichter machen – warum aber macht(e) sie es sich selbst so schwer?
Neben ihren Glaubenssätzen und vermutlich anderen Herausforderungen in ihrem Leben lag es auch an dem Umfeld, in dem sie sich den Großteil ihres Tages bewegt. Sie hatte aus dem Nähkästchen geplaudert und sie hatte es in ihrem Unternehmen alles andere als leicht. Auch das erinnerte mich an alte Zeiten und ich bin davon überzeugt: würde sie ihr Umfeld ändern, würde sich Einiges in ihrem Leben zum Positiven verändern. In vielen Dingen konnte ich ihr zustimmen, doch in einem Punkt widerspreche ich ihr absolut: Leben kann und darf leicht sein.
Vor allem Frauen , die noch nicht so lange in Führungspositionen sind, machen sich das Leben oft selbst schwer.
Vier wichtige Schlüsselkomponenten für resiliente Führungskräfte
Organisationen brauchen resiliente Mitarbeiter, resiliente Menschen benötigen resiliente Unternehmen. Mit Ihnen als Führungskraft steht und fällt dieses Konzept.
5 häufige Gründe, warum es sich Frauen (nicht nur) in Führungspositionen oft selbst schwer machen:
1. Perfektionismus
Auch Führungskräfte dürfen Fehler machen. Wenn Dir Deine eigene Leistung nicht gut genug ist, mache Dir bewusst, dass Du diese Führungsposition nicht erhalten hättest, wenn Du nicht gut wärst. Niemand erwartet von Dir, perfekt zu sein oder dass Du Wunder vollbringst. Du weißt selbst, dass das nicht möglich ist. Sogar, wenn Du eine Aufgabe… ein Projekt noch so detailverliebt vorbereitest, wirst Du hinterher immer noch etwas finden, das man hätte besser machen können. Mit Perfektionismus verlierst Du nur wertvolle Zeit. Zeit, die Du an anderer Stelle besser investieren könntest. Und solltest.
Frage Dich, warum Du zum Perfektionismus neigst.
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- Suchst Du zum Beispiel durch Deine Leistung zu sehr Bestätigung im Außen?
- Hast Du Angst, Fehler zu machen?
- Oder Angst, kritisiert zu werden?
- Befürchtest Du, Dich selbst oder jemand anderen zu enttäuschen?
- Oder hast Du sogar Angst davor, glücklich und erfolgreich zu sein?
Werde Dir Deiner eigenen Stärken und Talente bewusst und Du wirst ruhiger und entspannter arbeiten können, ohne in die Perfektionsfalle zu tappen. Das schürt nur Selbstzweifel und Unzufriedenheit, so dass Du nur noch perfektionistischer sein willst. Und Du weißt selbst: Niemand ist perfekt – auch Dein Chef nicht oder Deine Kollegen oder Dein Wettbewerb.
Du musst nicht perfekt sein! 😊
2. Alles selbst erledigen und nichts delegieren
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- Gehörst Du auch zu denjenigen, die alles lieber selbst machen, weil es dann schneller geht und so gemacht wird, wie Du es möchtest?
- Magst Du es nicht, Dich auf andere verlassen zu müssen, weil Du dann keine volle Kontrolle hast?
- Oder denkst Du vielleicht, dass Du stark sein musst und deshalb keine Hilfe brauchst?
Hier läufst Du Gefahr, Dir zu viel zuzumuten und auf Dauer Deine Aufgaben nicht mehr bewältigen zu können und privat nicht mehr abschalten zu können, was wiederum in Perfektionismus münden kann. Ein Teufelskreis. Zu Deiner Führungsaufgabe gehört es, Mitarbeiter zu fordern und zu fördern. Also agiere als Leader und mache Deinen Mitarbeiter und Dir selbst das Geschenk, indem Du Aufgaben delegierst: Du motivierst Dein Team, indem Du ihnen Verantwortung überträgst, und erhältst dabei noch wertvolle Blickwinkel aus anderen Hierarchieebenen und möglicherweise anderen Bereichen. Außerdem schaffst Du Dir damit Kapazitäten für weitere wichtige Aufgaben.
Du wirst sehen: nach einer gewissen Einarbeitungszeit wird Dein Team Dich gut entlasten. Es lohnt sich – in vielerlei Hinsicht!
Du musst nicht alles alleine machen! 😊
3. Die eierlegende Wollmilchsau sein wollen
Niemand kann alles können. Jeder im Team hat besondere Talente und Stärken, egal ob auf gleicher Hierarchieebene oder nicht. Gestatte Dir, Hilfe anzunehmen oder um Hilfe zu bitten. Es ist ein Zeichen von Größe, wenn Du um Hilfe bittest und Du machst Dir und dem anderen damit ein Geschenk: Du bist ehrlich und authentisch und zeigst Dich nahbar. Das wiederum sorgt in der Regel dafür, dass der Teamgeist gestärkt wird. Auch Führungskräfte dürfen menschlich sein.
Abgesehen davon förderst und entwickelst Du auch damit Dein Team und indirket gleichgestellte Kollegen, was wiederum förderlich für die Unternehmensziele ist.
Du musst nicht alles können! 😊
4. Sich mit männlichen Kollegen messen
Frauen ticken anders. Frauen kommunizieren anders, denken anders und führen anders als ihre männlichen Kollegen. Wenn Du ein gutes Gespür für Dein Team hast und über genügend Handlungsspielraum verfügst, Prozesse zu steuern, dann trau Dich, so zu führen, wie Du es für richtig hältst. Professionell, auf Deine weibliche Art. Bist Du eingeschränkt in Deinem Handlungsspielraum, fordere ihn ein. Setze Dich auch nach oben hin durch. Lerne die Sprache Deines Chefs und mache ihm so plausibel, was Du brauchst. Vielleicht hast Du ja auch einen Kollegen oder eine Kollegin, der/die Deiner Meinung ist – wenn mehrere Leader den Chef überzeugen wollen ist es meist einfacher, als wenn Du einsam an der Front stehst.
Du musst kein besserer Mann sein 😊
5. Sich im falschen Umfeld bewegen
Manchmal ist es einfach Zeit, neue Wege zu gehen. Wenn Du in einem Unternehmen immer wieder ausgebremst wirst, Du nicht so führen kannst, wie Du es möchtest bzw. für gut erachtest, wenn Du Dich immer wieder verbiegen musst oder einfach zu viele Aufgaben selbst erledigen, befindest Du Dich in einem ständigen Kampf. Das schlaucht und erschöpft und wirkt sich früher oder später auf Dein Privatleben und auf Deine Gesundheit aus – und auf Dein Führungsverhalten.
Überdenke Dein Umfeld. Entscheide Dich, ob Du für ein Unternehmen arbeiten möchtest, das Dich nicht so nimmt, wie Du bist oder ob Du Dir vielleicht etwas Neues suchst, bei dem Du Deine Stärken und Talente besser ausleben kannst.
Du musst nicht immer kämpfen! 😊
Zusammengefasst:
5 häufige Gründe, warum es sich Führungsfrauen oft selbst schwer machen, sind also:
1. Perfektionismus
2. Alles selbst erledigen und nichts delegieren
3. Die eierlegende Wollmilchsau sein wollen
4. Sich mit männlichen Kollegen messen
5. Sich im falschen Umfeld bewegen
Natürlich sind das nur ein paar der Dinge, mit denen sich Managerinnen oft selbst im Weg stehen. Je mehr Du die obigen Tipps beherzigst, desto authentischer wirst Du auch im Job sein und somit auch automatisch zufriedener. ❤️
Lebe Dein Leben. ❤️
Welche Erfahrungen hast Du gemacht?
Wenn Du Dich hier wieder findest oder Anregungen hast,
würde ich mich freuen zu hören, was Deine speziellen Herausforderungen sind.
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oder schreibe mir gerne eine Mail.
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Ein toller Beitrag, vielen Dank!
Danke schön! 🙂
Claudia, Du sprichst mir aus der Seele! Vor allem in den Punkten 2 und 3 finde ich mich wieder! Es stimmt, dass ich Vieles selbst erledige, weil es einfach schneller geht. Dabei leiden meine Hauptaufgaben darunter, das stimmt schon auch. Danke für diese Anregung, ich sollte vielleicht doch was ändern! Liebe Grüsse, Tanja
Liebe Tanja,
wenn Du Dich selbst erkennst, ist das ja schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Delegiere doch erst mal eine Aufgabe an jemanden, der Dinge schnell versteht und umsetzt – vorausgesetzt, die Person verfügt noch über Kapazitäten. 🙂 Alternativ könnte die Person ja auch einfachere Aufgaben an jemand anderen abgeben, um Dich so entlasten zu können. Meistens braucht man nur an einem kleinen Rädchen zu drehen und schon laufen die Dinge besser. Viel Erfolg! 🙂
Liebe Claudia,
vielen Dank für diesen tollen Artikel. Ich habe mich in allen Punkten wiedergefunden und merke, wie ich immer lustloser im Job werde. Dieser ständige Kampf nach allen Seiten ist furchtbar anstrengend und zermürbend. Ich muß wohl mal in mich gehen und darüber nachdenken, was Du hier schreibst.
Danke schön!
Alles Liebe, Nicole!
Liebe Nicole, ja, das verstehe ich und kenne ich selbst nur zu gut. Wichtig ist, herauszufinden, ob es der Job ist oder das Umfeld, das für die Lustlosigkeit sorgt. Es ist nicht immer nur das Umfeld, das für die Herausforderungen sorgt. Manchmal ist es auch der falsche Job und das herauszufinden ist nicht immer leicht. Ich wünsche Dir, dass Du bald Klarheit hast. LG, Claudia